Hallo ihr Lieben,

ich würde mich wahnsinnig über einen kleinen Austausch mit euch freuen. Das Thema lautet Tierheimhund. Es gibt vielleicht den ein oder anderen von euch, der auch einen Hund aus dem Tierheim hat / oder hatte.

Was habt ihr für Erfahrungen? Habt ihr eine spezielle "Erziehung" durchgezogen oder habt ihr den Hund ganz normal behandelt? Das kommt sicherlich auch immer darauf an, was für einen Hund ihr geholt habt. (Es sind ja nicht alle aus dem Tierheim unerzogen ^^) Gibt es Geheimtipps für schwer erziehbare Hunde, die eben nichts kannten bevor sie zu euch gekommen sind?

Ich selbst habe jetzt seit 2 Jahren Timon an meiner Seite und auch wenn es wirklich VIEL Arbeit war (der Hund hatte bevor er zu mir kam nicht einmal einen Namen, soviel dazu...) bereue ich es keinen einzigen Tag. Aber auch ich lerne noch immer dazu WEIL er eben so seine Macken hat und ich ihn teilweise auch noch nicht zu 100% lesen kann.

Ja, wir haben zwei Hunde aus zweiter Hand.
Atti allerdings kam aus einer Familie, wurde abgegeben, weil er zu anstrengend war. Gehorsam? Was ist das? Aber er ließ sich gut händeln und BC bzw deren Mixe sind relativ führerweich.

Faro, ein BorderCollie, kommt aus einer Tötungsstation auf Mallorca. Die Eltern wurden dort abgegeben und bei der Mutter stellte man dann die Trächtigkeit fest, so dass der Wurf im TH zur Welt kam. Kurz bevor die jungen Hunde in die Tötung kamen, wurden sie von Tierschützern gerettet. So weit so gut.
Faro kam nach Deutschland, lebte auf einem Reiterhof für ein paar Monate. Dieser Hund kannte nichts, war nicht auf Menschen sozialisiert und hatte große Angst vor Fremden. So übernahmen wir ihn. Eine Herausforderung, die sich allerdings sehr gelohnt hat, denn er ist ein sozialverträglicher Hund mit Artgenossen,was viele Dinge erleichtert.
Mit Erziehung in eigentlichen Sinne begannen wir erst, als das nötige Vertrauen uns gegenüber vorhanden war. Ging übrigens ganz schnell.
Faro musste langsam an viele, für "normale" Hunde problemlose Dinge herangeführt werden.
Autos gucken war die erste gemeinsame Beschäftigung






Spezielle Erziehungsmethoden gibt es hier nicht, denn wir machen alles nach Bauchgefühl und das funktioniert prima.

Faro ist nach wie vor Fremden gegenüber skeptisch, findet sie überflüssig, aber unsere Freunde sind auch seine Freunde und mehr wollen wir gar nicht

Erziehungsprobleme gibt es keine. Wir hatten noch keinen Hund, der uns die Erziehung so leicht gemacht hat.

Wichtig für ihn ist Ruhe, Geduld und ganz viel Einfühlungsvermögen.

Unsere Trainerin arbeitet nach diesem Prinzip und weiß mit ängstlichen Hunden umzugehen.

Faro guckt sich viele Dinge von Atti ab, denn er ist ein selbstbewusster und souveräner Rüde.

Danke für deine Rückmeldung. Faro ähnelt meinem schon sehr was das Verhalten angeht. Das könnte eventuell daran liegen, dass die Hunde nie einen "guten Eindruck" von Menschen hatten. So kommt es mir zumindestens sehr oft vor. Bei einer Aussage von dir fühle ich mich allerdings sehr bestärkt:

Zitat

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Spezielle Erziehungsmethoden gibt es hier nicht, denn wir machen alles nach Bauchgefühl und das funktioniert prima.

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Genau so bin ich jetzt auch gepolt. Erst dachte ich mir, dass ich mir Wissen aneignen und mich schlau lesen muss. Ich habe mir viel reinreden lassen von Menschen die zwar keinen TH-Hund hatten aber dennoch Hundeerfahrung. Schnell hab ich gelernt, dass ich keinen Leitfaden finden kann...weil es keinen gibt. Ich (und auch der Hund) waren deutlich entspannter als wir lockerer an die Sache gegangen sind.

Wir haben auch erst Grundvertrauen aufgebaut und sind dann in das 'Training' gegangen. Auch nach zwei Jahren kann Timon noch nicht alles was ich gerne bei ihm sehen würde - aber das finde ich auch nicht schlimm. Ich will ihn auch nicht zu sehr drücken.

Zitat von Morgenstern

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Das könnte eventuell daran liegen, dass die Hunde nie einen "guten Eindruck" von Menschen hatten.

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Genau so ist es! Sie haben zwar Menschen gesehen, aber nie richtig kennengelernt und wenn, dann nur neutral oder negativ. Sie kannten kein Leben in einem "Familienverbund" und alles was sie nicht kennen, ist irgendwie spooky, so dass man sie an diese Dinge ganz ruhig heranführen muss.

Danke auch dir
Mensch, ich bin froh dass sich hier doch ein paar nette Menschen finden mit denen man darüber reden kann. In meinem Umfeld bin ich leider die einzige, die sich an einen TH-Hund gewagt hat. Vielen ist das meistens einfach 'zu viel Arbeit und Unsicherheit'. So zumindestens die Aussagen die ich gehört habe. Und dann ist es halt schwer sich auszutauschen.

Zitat

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Einige Grundängste konnte er überwinden, einige blieben immer.
Aber wir Menschen sind lernfähig, vorausschauend Handeln hat vieles in unsrem gemeinsamen Leben erleichtert.

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Das würde ich gerne aufgreifen, weil ich da absolut mitgehe. Ich finde es nämlich auch nicht schlimm, wenn einige Dinge immer bleiben. Denn so ist der Hund nunmal. Und ich würde ihn niemals zu 100% verbiegen wollen. Ich finde es schön, wenn man sich irgendwann mit den Macken auch anfreunden kann. So geht mir das bei Timon auch. Ganz ehrlich gesagt beruhige ich mich dadurch vielleicht auch selbst ein wenig.

Mir wurde mal von meiner alten TA gesagt, dass Timon ein großes psychisches Problem habe und dass gewisse Dinge einfach immer bleiben würden. Er haut zum Beispiel noch ab - auch wenn die Bindung zu mir / uns da ist. Und während er abhaut sieht man dem Hund an, dass er das eigentlich nicht will. Und dann ist da zum Beispiel noch seine Macke, dass er wahnsinnig kuschelbedürftig ist (das auch einfordert) aber noch während er das tut, knurrt er und zieht den Kopf ein. Er wird nicht festgehalten und nichts...er will auch nicht weg, obwohl er könnte. Er drückt seinen Kopf sogar noch an einen dran. Aber er knurrt trotzdem.

@Bruno+Heike:
Darf ich mal - ganz ohne Wertung oder dass es gar böse gemeint wäre - fragen, ob es einen bestimmten Grund gibt warum ihr immer Hunde aus dem TS außerhalb Deutschlands geholt habt? Würde mich nur mal interessieren

Ach was, bestimmt hab ich das nur falsch verstanden

Ich sehe das übrigens ähnlich wie du. Zwar habe ich mich auch durch einen Zeitungsartikel "verliebt" aber ich bin auch hingefahren und habe mich beschnuppern lassen. Es kann ja wirklich sein, dass es absolut nicht passt und der Hund sollte auch die Chance haben mich kennenzulernen.

Vor TS-Hunden (gegenüber TH-Hunden) habe ich auch nochmal etwas mehr Respekt. Ich weiß nicht...vielleicht liegt es daran weil ich mir denke, dass sie aus einem anderen Land kommen. Mit anderen Sitten etc. Man kennt das. Ich finde es so schon eine Herausforderung, wenn man den Hund nicht kennt und meistens erst in späten Jahren kennenlernt und dann auch noch aus anderen 'Verhältnissen'...Ich weiß nicht ob ich mich da ran trauen würde^^'' Mag unbegründet sein diese Angst.

Wir haben bisher insgesamt 10 Schäferhunde aus dem Tierschutz und Alle haben unsere Familie bereichert und mir viel beigebracht.
Allen voran die zauberhafte MALA, die aus einer Beschlagnahmung von über 40 Hunden kam und ihr Leben bis dahin isoliert eingesperrt in einem Schweinestall verbracht hatte. Wie alt sie war, als sie zu uns kam, konnte man nicht genau sagen, denn sie hatte keinen einzigen Zahn. MALA hat mir unglaublich viel über Hunde beigebracht und ohne sie wäre ich wohl viel "dümmer" geblieben.
Wenn Du mehr über MALA und einige unserer anderen Schäfis lesen möchtes, schau mal auf unsere HP: http://www.mala-erzählt.de

Lucy ist der 3. Hund aus dem Tierschutz, dem wir ein Zuhause gegeben haben.
Der erste war ein Collimix, meine Pinky. Sie war der tollste Hund überhaupt. Sollte ein Polizeihund werden, war aber nicht schussfest.
Dann kam ein Rottweiler-Schäferhund-Mix aus einer Pflegestelle. Ein ganz lieber Kerl.

Ja und dann kam die kleine Lucy. Sie hat meine ganze Hundewelt auf den Kopf gestellt. Auch sie habe ich von einer Pflegestelle. Ich wollte mit meiner Tochter "nur mal schauen" gehen. Meine Tochter hat sich zwischen die Hunde gehockt und Lucy hat ihren ganzen Mut zusammen genommen und ist ihr auf den Schoß gesprungen. Von da an hatte ich kein Mitspracherecht mehr.
Lucy hat unser ganzes Leben umgekrempelt. Sie hat sich nicht einfach an uns angepasst wir ihre Vorgänger. Sie kannte nichts und hatte vor allem Angst. Oft hab ich überlegt, ob ich ihr überhaupt gewachsen bin. Als meine Tochter ausgezogen ist, ist Lucy geblieben, ich hätte sie auch nicht mehr hergegeben. Ich hab durch sie so viel gelernt. Auch wenn sie nicht der Schmuser ist, den ich vorher gewöhnt war, sie ist einfach ein toller Hund. Irgendwie ist sie mein Seelenhund geworden.
Zu meiner Tochter, ihrem Partner und unserem kleinen Enkel hat Lucy noch heute eine starke Bindung. Es ist ein Traum zu sehen, wie mein Enkel und sie miteinander agieren. Das hätte ich mir nie träumen lassen.

Ich hab fast mein ganzes Leben mit Hunden gearbeitet die kein Zuhause hatten.
Viele waren lieb und nett, aber es gab auch oft welche dabei die mehr als schwierig waren.
Ausrangierte Polizeihunde, oder Hunde die Grundstücke bewachten und nicht mehr gebraucht wurden.
Bei diesen geht dir oft der Arsch auf Grundeis.
Die Polizeihunde sind gut erzogen, aber wenn sie nicht arbeiten drehen sie oft durch und man hat sie in nullkommanix am Hals hängen.
Da braucht man Fingerspitzengefühl aber auch Durchsetzungsvermögen und vor allem Schnelligkeit.
Manchmal ist es gut eine Tür eher als der Hund zu erreichen.
Bauchgefühl ist immer gut.

Zitat von Rhena

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Zitat von Joco

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Zitat von Morgenstern

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Das könnte eventuell daran liegen, dass die Hunde nie einen "guten Eindruck" von Menschen hatten.

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Genau so ist es! Sie haben zwar Menschen gesehen, aber nie richtig kennengelernt und wenn, dann nur neutral oder negativ. Sie kannten kein Leben in einem "Familienverbund" und alles was sie nicht kennen, ist irgendwie spooky, so dass man sie an diese Dinge ganz ruhig heranführen muss.

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Also das kann man jetzt aber nicht verallgemeinern.

Prinz muss die ersten Jahre in einer guten Familie gelebt haben, denn er war ein toller Hund und hatte eine 1A Erziehung. Erst die zweite Familie setzte ihn an der Autobahnraststätte mit 11 Jahren aus.

Momo und Püppi lebten bis sie zu uns kamen in einer Familie und waren "nur" Scheidungsopfer.

Auch Finn lebte erst in einer Familie, die einige Fehler aus Unwissenheit gemacht hat. Die erste Besitzerin sagte zu Sandra, sie hätte leider alles falsch gemacht, was man falsch machen könnte. Sandra seine Vorbesitzerin schickt ihm heute noch Päckchen zum Geburtstag.
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Stimmt Rhena, verallgemeinern kann man das nicht, tue ich auch nicht, mein Posting bezog sich auf Hunde aus dem Auslandstierschutz, die , bevor sie hierher kamen, nie in einer Familie gelebt haben, sondern direkt vom TH oder aus der Tötungsstation geholt wurden und diese Erlebnisse prägen die Hunde.

Hunde, wie Atti, der schon in einer Familie gelebt hat, die Sozialisierungs- und Prägungsphase dort hatte, sind anders zu beurteilen, als Hunde wie Faro oder Bruno, die überhaupt nicht sozialisiert worden sind.

Oh man ich hätte gar nicht gedacht, dass es hier so viele gibt die Hunde aus dem TH oder TS haben. Das finde ich toll

@Karin:
Was für eine wunderschöne Hundedame <3 Ich werde mir die HP auf jeden Fall mal in Ruhe anschauen. Es ist doch wirklich Wahnsinn wie sehr solche Hunde die Welt auf den Kopf stellen können oder?

Da Timon auch beschlagnahmt wurde und durch das Breeding ausschließlich in einer Box gelebt haben soll, kenne ich das "Problem" mit der Isolierung. Als wir ihn im TH das erste Mal besucht haben wirkte er so, als würde er gar nichts richtig aufnehmen / wahrnehmen. Er war total neben der Spur und desinteressiert. Das Interesse an vielen Dingen kam erst, als er hier schon einige Wochen war. Ich kann das gar nicht beschreiben. Er war hier draußen zum Beispiel an einer Langlaufleine und hat eine 3/4 Std. an ein und demselben Fleck gestanden weil er nicht wusste, was er in der Natur ausfressen sollte. Das hat mir echt das Herz gebrochen. `

@Rhena:
Ich denke, gerade bei den schwierigen Hunden gibt es sowieso kein "Allgemeinbild" weil sie eben so individuell sind. Ich habe mich auch mal an Hundetrainer gewandt, muss aber sagen dass ich damit keine guten Erfahrungen gemacht haben. Der erste war überfordert und die zweite hat gesagt, dass sie sich bei so einem Hund den man nicht 'lesen' kann schlecht einstellen kann. Danach hab ich alles selber gemacht.

@majaga:
Was für eine tolle Geschichte Schön dass ihr beide euch gefunden habt!

Zitat

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Oft hab ich überlegt, ob ich ihr überhaupt gewachsen bin.

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Den Gedanken hatte ich übrigens auch oft. Ich gestehe...nach zwei Wochen (Probezeit) hab ich das erste Mal einen totalen Nervenzusammenbruch und hab heulend auf der Treppe gesessen weil der Hund mir alles auseinander genommen hatte. Ich habe gedacht "Das kriegst du NIE hin, Antje." Ich habe meinen Vater angerufen und ihm erzählt was alles passiert ist und ich bin ihm noch heute dankbar dass er zu mir meinte, dass ich diesen Hund nicht aufgeben werde. Nicht jetzt schon. Und dass er dann sehr sauer auf mich sein wird^^ Ja, ich hatte eine Menge Angst weil es auch das erste Mal war. Ich bin so froh, dass ich das trotzdem durchgezogen habe!

Mein allererster Hund kam gleich aus dem Tierheim. Der Bobby. Wenn du Zeit und Lust hast, kannst du hier nachlesen, wie er zu mir kam.

//weggefaehrten.forumprofi.dehttp:/viewt...er+Erste#p35048


Und dann hatte ich noch meinen Rocky aus dem Tierschutz



Rottweiler-Dobermann-Mix, 7 Jahre alt, als er zu mir kam, sein erster Besitzer war drogensüchtig Er wurde geschlagen, misshandelt, vernachlässigt. Anschließend war er bei einer Frau, die als Tagesmutter gearbeitet hat und wo er seine Liebe zu kleinen Kindern entdeckt hat. Insbesondere kleine Mädchen so um die 5 oder 6 Jahre alt. Da schmolz mein 72-cm-Brocken bis zum Schluss dahin, wie Butter in der Sonne. :glücklich: Dort konnte er aber nicht lange bleiben und landete im Tierheim, wo ich ihn Gott sei Dank gefunden hab. Er war der beste Hund, den man sich nur wünschen konnte und wir hatten noch fast 5 tolle Jahre zusammen. Und ich hör' jetzt auf zu schreiben, weil ich gerade Pipi inne Augen krieg, obwohl es jetzt schon über 3 Jahre her ist, dass er nicht mehr da ist...